Abstimmung zum Beschäftigtendatenschutz im Bundestag verschoben

Die Bundesregierung hat den Gesetzesentwurf für den Datenschutz am Arbeitsplatz nach heftiger Kritik überraschend von der Tagesordnung (PDF-Datei) des Innenausschusses des Bundestags genommen. Ursprünglich wollten CDU/CSU und FDP den Regierungsvorstoß von 2010 mit eigenen Änderungen am Mittwoch im Ausschuss absegnen und ihn dann im Parlament zur Abstimmung bringen.

Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses, begründete die Nacht-und-Nebel-Aktion gegenüber Spiegel Online mit einer verkürzten Beratungszeit. Ausnahmsweise hätten in dem Gremium am Mittwoch nur 45 Minuten für Besprechungen zur Verfügung gestanden, erklärte der CDU-Politiker. Das Vorhaben solle aber nicht "durchgepeitscht" werden, da sonst wieder Vorwürfe wie beim Meldegesetz zu erwarten wären. Den Entwurf zur Fortentwicklung des Meldewesens hatte das Parlament binnen weniger Minuten während des EM-Fußballspiels Deutschland gegen Italien im Juli durchgewinkt. Nun hängt es seit Monaten im Vermittlungsausschuss mit dem Bundesrat fest.

 

In der Länderkammer formiert sich bereits der Widerstand gegen das Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz. Der baden-württembergische Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD) hat laut dpa angekündigt, das Vorhaben im Falle eines Wahlsiegs von Rot-Grün in Niedersachsen im Bundesrat blockieren und einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen. So solle die Videoüberwachung von Beschäftigten etwa nur zugelassen werden, wenn ein dokumentierter Verdacht auf eine Straftat besteht. Kommt es in Hannover zu einem Regierungswechsel, hätten SPD und Grüne in der Länderkammer eine Mehrheit. Sie könnten damit Gesetzesvorhaben von Schwarz-Gelb im Bund deutlich mehr Steine in den Weg legen.

 

SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach in der Braunschweiger Zeitung von einem Lobbygesetz für einige wenige Arbeitgeber. Die Koalition will seiner Ansicht nach "die lückenlose Bespitzelung von Arbeitnehmern" erlauben. Die Grünen werfen Schwarz-Gelb "Hütchenspielerei" vor der Wahl in Niedersachsen am Sonntag vor und bezeichnen die Änderungen der Koalition als "Mogelpackung". Zuvor hatten aber auch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie in Berlin moniert, dass der Vorstoß das zentrale Ziel verfehle, Rechtssicherheit für Unternehmen und Beschäftigte zu garantieren.

 

Unionsvize Günter Krings hat sich unterdessen gegen die Vorwürfe gewehrt. Wer behaupte, dass das Vorhaben Rechtsunsicherheiten erzeuge, scheine sich mit der Materie "nur oberflächlich" befasst zu haben, gab der CDU-Politiker gegenüber der Welt zu bedenken. Beim Datenscreening, Nutzen sozialer Netzwerke oder beim Schutz der Daten aus ärztlichen Untersuchungen biete der Entwurf mit den Koalitionsänderungen mehr Schutz. Vor allem Kritiker aus den Gewerkschaften hätten sich aber offenbar mit dem komplizierten heutigen Bestimmungen und der von ihnen dazu angebotenen juristischen Beratung aber "ganz gut eingerichtet". (Stefan Krempl)

 

Quelle: heise.de