Der Europäische Gerichtshof hat die anlasslose Vorratsdatenspeicherung gekippt. Sie sei ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte, heißt es in dem Urteil. Das könnte auch Auswirkungen auf Deutschland haben.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in der Europäischen Union gekippt. Sie lasse „sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben“ der Menschen zu, urteilte der EuGH in einem Mittwoch in Luxemburg verkündeten Urteil.
Der Grundrechtseingriff, der mit einer nationalen Regelung einhergehe, die die Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen, sei somit als besonders schwerwiegend anzusehen. Ausnahmen sind demnach bei konkreter Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und zur Bekämpfung schwerer Straftaten weiter möglich.
Den Luxemburger Richtern zufolge greift die Speicherung von Telekommunikationsdaten so sehr in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens ein, dass die Datenspeicherung „auf das absolut Notwendige“ beschränkt werden muss. Eine gezielte Vorratsspeicherung von Daten zur Bekämpfung schwerer Straftaten sei aber zulässig. Entsprechende Gesetze müssten dazu „klar und präzise sein und Garantien enthalten, um Daten vor Missbrauchsrisiken zu schützen“.
Piraten begrüßen das Urteil
Datenschützer sehen nun Änderungsbedarf auch in der Bundesrepublik. "Nun muss auch Deutschland reagieren und die erst im vergangenen Jahr verabschiedete Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung ein für allemal auf den Müllhaufen der Geschichte verbannen", erklärt Volker Tripp, politischer Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.
Auch die Piratenpartei begrüßte die Entscheidung: "Das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen europäische Grundrechte", kommentierte der netzpolitische Sprecher Patrick Breyer. "Mit diesem Urteil erteilt Europa der NSA-Methode einer wahllosen Massenerfassung des Privatlebens unschuldiger Bürger eine klare Absage."
„Sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben“
Das Urteil erging auf Anfragen von Gerichten aus Schweden und Großbritannien. Das Ende 2015 in Kraft getretene deutsche Gesetz schreibt Telekommunikationsunternehmen eine anlasslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten für zehn Wochen vor. Danach müssen die Daten wieder gelöscht werden. Auf die Daten sollen Ermittler bei der Bekämpfung von Terror und schweren Verbrechen zugreifen können. Gespeichert werden Rufnummern sowie Zeitpunkt und Dauer von Anrufen. Beim Surfen im Internet werden IP-Adressen sowie Details zu deren Vergabe vorgehalten. E-Mails sind ausgenommen. Für Standortdaten, die bei Handygesprächen anfallen, ist eine verkürzte Speicherfrist von vier Wochen vorgesehen.
Der EuGH erläuterte nun, die EU-Staaten müssten die Überwachung auf Personenkreise begrenzen, "deren Daten geeignet sind, einen zumindest mittelbaren Zusammenhang mit schweren Straftaten sichtbar zu machen". Die Richter erklärten, selbst aus Verbindungsdaten ließen sich "sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen" ziehen.
Die Richter entschieden zudem, dass Behörden in der Regel nur dann Zugang zu den auf Vorrat gespeicherten Daten erhalten dürfen, wenn dies zuvor von einem Gericht oder einer anderen unabhängigen Stelle erlaubt wurde. Außerdem müssen die Daten innerhalb der EU gespeichert werden.
Quelle: faz.net